Willy Brandt am Fenster, Erfurt, 19 März 1970. Foto AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung
Photo: Willy Brandt am Fenster, Erfurt, 19 März 1970. Foto AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung

Erfurt 2020

Donnerstag, 19. März 2020, 13:30 – 18:00 Uhr
Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4, 99084 Erfurt

Am 19. März 1970 trafen Bundeskanzler Willy Brandt und DDR-Ministerpräsident Willi Stoph in Erfurt zu den ersten deutsch-deutschen Regierungsverhandlungen zusammen. Am 50. Jahrestag dieses Ereignisses und 30 Jahre nach der staatlichen Vereinigung Deutsch­lands will die Fachkonferenz der Frage nachgehen, wie es heute um die „innere Einheit“ bestellt ist.Insbesondere sollen jene historischen Entwicklungen in den Blick genommen werden, die die Vorstellungen vom Erreichen oder Verfehlen dieses seit 1990 so oft beschworenen Ziels beeinflusst haben bzw. immer noch beeinflussen.

Was sind die jeweils prägenden (gemeinsamen und unterschiedlichen) Erfahrungen, Erinnerungen und Narrative der Deutschen in Ost und West mit Blick auf die Geschichte und die Gegenwart unseres Landes? Welche Erwartungen und Enttäuschungen im Zuge der Wiedervereinigung gab es, welche Erfolge und Defizite brachten der Systemwechsel und die damit einhergehende Transformation im Osten hervor? Wie wirk(t)en sich tatsächliche oder vermeintliche Unge­rechtigkeiten im Einigungsprozess und im wiedervereinigten Deutschland (z. B. Transforma­tionstraumata, mangelnde Repräsentanz von Ost­deutschen in Führungs­positionen, inner­deutsches Lohn- und Produktivitätsgefälle) auf den Grad der „inneren Einheit“ aus? Was beinhaltet und umfasst sie eigentlich? Ist ihre Verwirklichung primär ein materielles oder ein ideelles Problem? Kann die „innere Einheit“ je erreicht werden und, wenn ja, wie und wann? Oder sind und bleiben die Deutschen ein in Ost und West gespalte­nes Volk mit nicht über­wundenen (und eventuell unüberwindlichen) Unterschieden nicht nur in der Wirtschaftskraft und den Einkommen, sondern auch in den Mentalitäten, Identitäten, Werten und politischen Kulturen? Oder ist das alles eine Gespens­terdebatte, weil die „innere Einheit“ vielleicht doch schon längst erreicht ist?

Programm

13.30–14:00 Uhr
Annegret Schüle (Erfurt) / Wolfgang Schmidt (Berlin): Begrüßung und Einführung

14.00–15.10 Uhr
Patrice Poutrus (Erfurt): Diktaturerfahrung und Transformation. Perspektiven auf die Lebenswelten und Biografien in der DDR
Anna Kaminsky (Berlin): Friedliche Revolution und Wiedervereinigung 1989/90. Die zeitgenössischen Einstellungen und Erwartungen in Ost und West zur deutschen Einheit
Marcus Böick (Bochum): Anstalt für Ausverkauf und Abwicklung? Zur Rolle der Treuhand und ihrer (Erinnerungs-)Geschichte

15.25–16.35 Uhr
Astrid Lorenz (Leipzig): Innovationslabor oder Sargnagel der Demokratie – Wie anders ist die Politik in Ostdeutschland?
Raj Kollmorgen (Zittau/Görlitz): Weiter auf getrennten Pfaden unterwegs oder vereint mit gemeinsamen Erfahrungen und Werten? Sozialer Wandel und politische Kultur im wiedervereinigten Deutschland
Irene Götz (München): Wer oder was wollen „die Deutschen“ heute und morgen sein? Über deutsche, europäische und andere Identitäten

16.50–17.05 Uhr
Jörg Ganzenmüller (Jena): Kommentierende Zusammenfassung und Anstoß für die Diskussion

17.05–18.00 Uhr
Round-Table-Diskussion

Anmeldungen zur Konferenz werden erbeten bis 16. März 2020 an

Eine wissenschaftliche Fachkonferenz der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Diktaturerfahrung und Transformation: Biographische Verarbeitungen und gesellschaftliche Repräsentationen in Ostdeutschland seit den 1970er Jahren“ an der Universität Erfurt und der Friedrich-Schiller-Universität Jena (in Zusammenarbeit mit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sowie der Stiftung Ettersberg) und den Geschichtsmuseen der Stadt Erfurt