Willy Brandts Jugend im neuen Licht

Die Stiftung

Eine bislang von der Forschung unbeachtete Vormundschaftsakte des Amtsgericht zu Lübeck liefert neue Erkenntnisse über Willy Brandts Vater. Verbreitet ist das Bild, John Möller habe sich aus dem Staub gemacht, sobald er erfuhr, dass Martha Frahm schwanger war. Alimente habe er anfangs gar nicht und später, nachdem er 1919 geheiratet hatte, einzig unter dem Druck seiner Ehefrau gezahlt. Aber dies auch nur für einige Zeit und in geringer Höhe. Brandt selbst erwähnte seinen Vater öffentlich erst 1989 in seinen „Erinnerungen“: John Möller habe „so offenkundig nichts von mir wissen“ wollen.

Die wissenschaftliche Auswertung der Akte durch Bernd Rother, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, ergab jedoch, dass John Möller von Anfang an Alimente zahlte. Er tat dies regelmäßig und freiwillig. Und was er zahlte, war nicht gering, sondern lag im Durchschnitt. Unterhalt musste John Möller bis zum vollendeten 16. Lebensjahr des Sohnes zahlen.

Die Akte enthält nichts, was darauf schließen ließe, dass er dem nicht Folge leistete. Der letzte Vorgang in der Akte stammt vom Dezember 1934. Herbert wurde 21 und die „Amtsvormundschaft“ endete damit. „Nach einem Bericht unserer Fürsorgerin befindet er sich seit dem Jahre 1933 in Schweden. Mündelvermögen ist nicht vorhanden.“ Nicht in Schweden, sondern in Norwegen lebte das Mündel nun und kämpfte von dort aus gegen die braune Diktatur. „Der Zweck der Vormundschaft (sei) nunmehr erreicht“, hatte das Jugendamt im letzten Bericht geschrieben.

Inhaltliche Anfragen beantwortet Bernd Rother, +49 (0)157 7970 6226

Generelle Presseanfragen beantwortet Malte Mau.

Zur honorarfreien Verwendung im Rahmen der Berichterstattung. Bildnachweis: Aktendeckel Vormundschaftsakte, Archiv der Hansestadt Lübeck, 03.02-2/1 Amtsgericht, Vormundschaftsakte V 6774 Frahm

Anfragen um Akteneinsicht beantwortet Kerstin Letz, Hansestadt Lübeck, Abteilung Kultur und Bildung
kerstin-letz [at] luebeck.de / +49 (0)451 122 4153

 

Auswertung Vormundschaftsakte

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