(c) WBHL/Inga Joos
Foto: (c) WBHL/Inga Joos

Zoom – genau hinschauen! Die Ausstellung zur Fototour

Haus Lübeck

Der Foto-Workshop “Zoom – genau hinschauen!” fand am 7. März 2020 im Rahmen des Enrichment-Programms statt, mit dem das Bildungsministerium in Kiel Lern- und Kursangebote außerhalb der Schule für engagierte Schülerinnen und Schüler fördert. Das Willy-Brandt-Haus Lübeck ist seit seiner Eröffnung im Dezember 2007 mit unterschiedlichsten Angeboten immer wieder mit dabei.

Für den 6. Juni war im Haus Lübeck die Präsentation aller Enrichmentkurse geplant, musste aber im Zuge der Corona-Krise abgesagt werden. Ausgewählte Arbeiten werden nun in einer Foyer-Ausstellung vom 2. Juni bis zum 14. Juni gezeigt.

Die folgende Reportage gibt einen Einblick in das spannende Projekt und stellt die Arbeiten in einer Galerie vor.

Die Hand kommt bedrohlich näher, will zugreifen, die Finger sind schroff, wirken irgendwie verzerrt. Darüber ein grobes Gesicht mit Augen, die dunkel in den Höhlen liegen, das Haar zum Iro hochtoupiert – nur das Jackett passt irgendwie nicht zur Szene. Ebenso wenig wie das ziselierte Treppengeländer.

„Sucht euch eine Perspektive, die ein anderes Licht auf die Statue wirft, die etwas heraushebt, was man zunächst gar nicht wahrnimmt. Dann wird euer Foto nicht nur ein Schnappschuss, sondern eine Komposition.“ Olaf Pokorny ist professioneller Fotograf mit eigenem Studio und begleitet heute sechs Jugendliche auf unserer Fototour „Zoom –genau hinschauen!“ durch Lübeck.

Die “unheimlich Gestalt” ist in Wirklichkeit sehr farbenfroh und gehört mit 83 Zentimetern Körpergröße eher zu den kleinwüchsigen Wesen. Die Willy-Brandt-Bronzefigur von Rainer Fetting ist eine Miniaturausgabe der über drei Meter hohen Bronze im Willy-Brandt-Haus Berlin. Auch in unserem Foyer ist sie ein echter Blickfang mit hohem Wiedererkennungswert und neben dem Mauerstück im Garten das meistfotografierteste Objekt der Ausstellung.

Die Fototour kommt besonders gut an. Wir suchen authentische Orte aus der Kindheit und Jugend von Willy Brandt in Lübeck auf und setzen die historischen Inhalte fotografisch in Szene. Alles was man benötigt, sind ein Fotoapparat oder eine Handykamera, Neugier, festes Schuhwerk und an diesem Samstag tatsächlich auch eine regendichte Jacke. Olaf lacht: „Wasserpfützen mal anders – ihr werdet noch sehen, was euch das perspektivisch nützt!“

Nach dem Intro im Willy-Brandt-Haus gehen wir runter zum Hafen. Willy Brandt begann hier 1932 eine Ausbildung bei einer Schiffsmaklerfirma. Schiffe, Reederei, die Ostsee… Olaf weist auf die Wasserpfütze hin: „Wasser als Möglichkeit, ein Motiv zu reflektieren – schaut euch hier mal genauer um!“ Jetzt hat die Gruppe Feuer gefangen. Da wird dann auf dem Weg zum Holstentor sogar ein Straßenschild sexy.

Beim Holstentor unterdrücken professionelle Fotografen gerne ein Gähnen: schon wieder dieses Motiv… Moment! Wir wollen hier zwei Übergange inszenieren, bei dem das Stadttor eher als Bühnenbild fungiert.

Übergang Eins: Der Weg des Arbeiterkindes Herbert Frahm aus dem damaligen Vorort St. Lorenz-Nord in das bürgerliche Lübeck. Willy Brandt wird in dieser Arbeitergegend in ärmeren Verhältnissen aufwachsen, aber durch Intelligenz und Fleiß den Sprung auf das bürgerliche Gymnasium Johanneum in der Innenstadt schaffen. Er legt das Abitur ab. Außerdem wohnt seine Freundin Gertrud in einem Hinterhaus in der Depenau. Grund genug, abends am Holstentor vorbeizuradeln. Aber das nur nebenbei.

Der spätere Politiker Willy Brandt nutzt das Motiv „Concordia domi, foris pax“ am Stadttor gerne als Leitbild für seine politische Vision vom friedlichen Miteinander. Er wird einer der führenden politischen Persönlichkeiten werden, die für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg eine Versöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern bewirken. Und damit kommen wir zum

Übergang Zwei: Die Stele „Zur Befreiung Lübecks am 8. Mai 1945“ weist auf einen historisch weitreichenden Umbruch nicht nur für diese Stadt, sondern für ganz Deutschland hin: Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft, die anfangs auch von der Bevölkerung Lübecks mitgetragen wurde. Befreiung und Chance auf einen Neuanfang unter demokratischen Vorzeichen. Jetzt betrachtet diesen Ort noch einmal mit diesem Hintergrundwissen!

Das Geburtshaus in der Meierstraße, die Bücherverbrennungen auf dem Buniamshof, die Steinbank an der Trave und das Johanneum – wir haben auf dem Weg alle Hände voll zu tun, aber die Motivsuche an den jeweiligen Orten wird nach dem kurzen historischen Intro immer sportlicher, ausgeklügelter und aufregender.

Die Präsentation aller Lübecker Enrichmentkurse am 6. Juni 2020 im Willy-Brandt-Haus Lübeck wurde vom Ministerium mit Blick auf die Ausbreitung des Corona-Virus bereits im März abgesagt.

Aber weil schöne Bilder gesehen werden wollen, präsentieren wir eine Auswahl der Fotografien im Foyer unseres Hauses – gegenüber der Fetting-Statue!

Ihr könnt unsere kleine Ausstellung vom 2. bis zum 14. Juni 2020 täglich von 11 bis 18 Uhr besuchen. Der Eintritt ist kostenfrei.

Wir freuen uns auf euren Besuch!

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