Foto: Katharina Focke als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeskanzler an der Seite Willy Brandts beim EG-Gipfel in Den Haag, 1. Dezember 1969

Zum Tode von Katharina Focke

Die Stiftung

Am 10. Juli verstarb in Köln Katharina Focke, eine enge Mitarbeiterin und Mitstreiterin Willy Brandts während seiner Kanzlerzeit.

1922 geboren, widmete sie sich nach dem Kriege und dem Exil ihrer Familie früh der europäischen Einigung, zunächst in engem Zusammen­wirken mit ihrem Vater, dem Publizisten Ernst Friedländer. Dabei war sie wissenschaftlich, journalistisch wie in der Praxis der Europäischen Bewegung aktiv. 1966 wurde sie, nach dem Tode ihres Mannes, als SPD-Abgeordnete in den nordrhein-westfälischen Landtag gewählt.

Im Oktober 1969 berief der neu gewählte Bundeskanzler Willy Brandt sie zu seiner Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeskanzleramt. Als Mitglied seines Führungsteams mit Horst Ehmke und Egon Bahr beriet Katharina Focke den Bundeskanzler in der Europapolitik, in der Bildungspolitik und für das Bund-Länder-Verhältnis.

1972 bestellte Brandt Frau Focke zur Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit. Bis 1976 blieb sie auch unter seinem Nach­folger Helmut Schmidt in diesem Amt. Danach widmete Katharina Focke sich wieder ganz der Europapolitik. Bei den ersten Direktwahlen wurde sie 1979 in das Europäische Parlament gewählt, wo sie sich bis 1989 vorrangig für die Entwicklungspolitik engagierte wie für „Ver­fassungs­fragen“ zur Vertiefung der Europäischen Gemeinschaft. Im Wahlkampf 1984 fungierte Focke als Spitzenkandidatin der Sozial­demokratie für das EP.

Noch im Kanzleramt unter Willy Brandt war die erste Amtshandlung Katharina Fockes Ende 1969 die Vorbereitung der Gipfelkonferenz von Den Haag. Schon einen Monat nach Start der sozial-liberalen Koalition ging es darum, der europäischen Integration neuen Schwung zu verleihen: durch erste Schritte zu einer Wirtschafts- und Währungs­union sowie zu einer sozialen Gemeinschaft, durch die Stärkung des Europäischen Parlaments und wesentlich auch durch eine Öffnung zu Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien. Dies alles gelang im Zusammenwirken zwischen Bundeskanzler Willy Brandt und dem neuen französischen Präsidenten George Pompidou ‒ und Europa erhielt einen kräftigen „Schub nach vorn“.

Dass der 1973 vollzogene Beitritt des Vereinigten Königreich zur Europäischen Gemeinschaft nunmehr wieder rückgängig gemacht werden soll, hat Katharina Focke nicht mehr bewusst miterleben müssen.

Die Arbeit der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung hat Katharina Focke, solange es in ihren Kräften stand, mit großem Interesse verfolgt. Am 10. Dezember 1996 zählte sie zu den Gästen auf dem Eröffnungsfestakt der Stiftung. Im Gästebuch des Willy-Brandt-Hauses Lübeck hat sie noch vor wenigen Jahren einen sehr warmherzigen Eintrag hinterlassen.

Katharina Focke, 1982

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