Willy Brandt vor dem Brandenburgertor (Fotomontage)
Photo: Bundesarchiv B 145 Bild-P054320/AdsD der FES

80 Jahre Kriegsende in Europa

The Foundation

Am 8. Mai 1945 endete vor 80 Jahren mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands der Zweite Weltkrieg in Europa. Für Willy Brandt begann damit ein neues Kapitel in seinem Leben und politischen Werdegang, das ihn über Stockholm, Oslo und Berlin bis nach Bonn in das Amt des Bundeskanzlers führte.

Als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus leistete Willy Brandt ab 1933 vom Exil in Oslo aus Widerstand gegen die Nazi-Diktatur. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützte er die Anti-Hitler-Koalition, die Großbritannien, die Sowjetunion und die USA 1941 gegen das „Dritte Reich“ bildeten. Nach der Besetzung Norwegens durch Deutschland flüchtete er 1940 ins neutrale Schweden. Dort erhielt er einen norwegischen Pass und wurde Leiter eines Pressebüros in Stockholm.

»Widerstand gegen Hitler (1930–1945)
»Willy Brandts Zeit im Exil (1932–1946)

Gemeinsam mit deutschen und internationalen demokratischen Sozialisten entwarf Willy Brandt Nachkriegsprogramme für Deutschland, Europa und die Welt. In seinem Buch „Nach dem Sieg“, das er in norwegischer Sprache verfasste und im Juni 1944 erstmals in Schweden unter dem Titel „Efter Segern“ veröffentlichte, diskutierte er die Pläne der Alliierten zum Wiederaufbau Europas und zur Beseitigung der Kriegsschäden, die Potenziale einer fortgesetzten Zusammenarbeit der Anti-Hitler-Koalition, aber auch Fragen nach der Strafverfolgung von Kriegsverbrechern, nach Reparationsleistungen, zukünftigen Grenzziehungen, dem Umgang mit Flüchtlingen und Vertriebenen sowie dem Wiederaufbau des Bildungs- und Erziehungswesens.

»zum Buch
»Buchvorstellung von Bernd Henningsen

Entsetzt über die millionenfachen Verbrechen des Nationalsozialismus, hoffte Brandt auf die baldige und totale Niederlage des „Dritten Reichs“. Dennoch betonte er im Exil auch immer wieder, dass nicht alle Deutschen Nazis seien und es keine Kollektivschuld gebe. Seine Hoffnung, die Deutschen würden das NS-Regime durch eine Revolution selbst zu Fall bringen, erfüllte sich jedoch nicht.

Norwegischer Pass, 1940 Willy-Brandt-Archiv im AdsD, Bonn
Norwegischer Pass, 1940. Foto: Willy-Brandt-Archiv im AdsD, Bonn

Kriegsende im Exil

Am Abend des 1. Mai 1945 traf sich in Stockholm die „Internationale Gruppe demokratischer Sozialisten“. Während seiner Rede zum Abschluss der Maifeier wurde Willy Brandt ein Zettel gereicht, den er sofort verlas: „Adolf Hitler ist tot.“ Am 8. Mai 1945 kapitulierte Deutschland bedingungslos. Damit war der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende, und die von den Deutschen besetzten Länder waren wieder frei.

Wenige Tage später fuhr Brandt mit dem Zug nach Oslo, um für die schwedische Presse über das befreite Norwegen zu berichten. Er hielt sich drei Wochen in der norwegischen Hauptstadt auf, die sich im Freudentaumel befand. In den folgenden Monaten pendelte er als Journalist mehrmals zwischen Stockholm und Oslo.

Rückkehr nach Deutschland

Am 8. November 1945 bestieg Willy Brandt in Oslo eine britische Militärmaschine. Er war auf dem Weg zum alliierten Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des „Dritten Reiches“ in Nürnberg. Nach Zwischenlandungen in Stockholm und Kopenhagen kam der 31-Jährige tags darauf in Bremen an.

Zum ersten Mal seit 1936 betrat er wieder deutschen Boden. Damit Brandt seine Mutter in Lübeck besuchen konnte, überließ ihm der Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen seinen Dienstwagen samt Chauffeur. In der Lübecker Innenstadt, die in Trümmern lag, verlor der Heimkehrer die Orientierung. Zur Adresse Ringstedtenweg 21, wo seine Mutter »Martha Kuhlmann und ihre Familie seit 1937 wohnten, musste Brandt sich durchfragen. Seine Mutter freute sich sehr, als sie am Abend des 11. November 1945 ihren ältesten Sohn wiedersah.

»Interview mit Willy Brandt über seine Rückkehr

Am 20. November 1945 begann in Nürnberg der Prozess des Internationalen Militärtribunals gegen die Hauptkriegsverbrecher. Willy Brandt war einer von 250 zugelassenen Pressekorrespondenten und berichtete für skandinavische Zeitungen über das Verfahren. Obwohl Brandt sich aufseiten der Ankläger und Richter auch deutsche NS-Gegner hätte vorstellen können, begrüßte er die Prozesse als einen entscheidenden Fortschritt in der Entwicklung des internationalen Rechts. Die Verhandlungen enthüllten das kaum zu ertragende Ausmaß der deutschen Verbrechen, vor allem den Völkermord an den Juden Europas. Die Eindrücke seines viermonatigen Aufenthalts verarbeitete Brandt auch in einem Buch, das 1946 in Norwegen und in Schweden unter dem Titel „Forbrytere og Andre Tyskere“ (Verbrecher und andere Deutsche) erschien. »zum Buch

Anfang 1947 zog Willy Brandt endgültig nach Berlin. In der Vier-Mächte-Stadt arbeitete er als Presseattaché in der Norwegischen Militärmission. 1948 wechselte Brandt in die deutsche Politik und wurde wieder deutscher Staatsbürger. »Politik in und für Berlin (ab 1947)

Ein alliierter Panzer steht vor dem Holstentor (1945)
Ein alliierter Panzer steht vor dem Holstentor, 1945. Foto: IWM

Unser Programm zum 80. Jahrestag

Am 30. April findet die Telefonführung „Willy Brandts Rückkehr nach Deutschland“ im Rahmen von „Bei Anruf Kultur“ statt – barrierefrei und kostenlos per Telefon von zu Hause. »Anmeldung

Am 3. Mai erscheint ein neuer Podcast mit Kristina Meyer in der Reihe „Geschichte Europas”. Er knüpft an die vorherige Folge „Willy Brandt im Exil und Widerstand“ an und blickt auf die Wiedererrichtung der SPD 1945 und natürlich auf Willy Brandt. »Geschichte Europas

Am 7. Mai erinnern das Buddenbrookhaus, das Günter Grass-Haus und das Willy-Brandt-Haus gemeinsam mit dem Theater Lübeck an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 80 Jahren. »Lesung: Der Krieg ist aus!

Und zum Nachhören als Podcast die Veranstaltung und Diskussion zum Kriegsende in Unkel, die am 8. März stattgefunden hat. »Bericht & Podcast

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