Willy Brandt Forum - Scott Krause
Photo: Heinz-Werner Lamberz

Scott Krause im Gespräch

Forum Unkel

Der Historiker und Kurator Scott Krause tritt im Mai seine Tätigkeit als Leiter des Willy-Brandt-Forum Unkel an. Das Museum wurde 2011 mit einer sehenswerten Dauerausstellung am letzten Wohn- und Sterbeort Willy Brandts eröffnet und auf ehrenamtlicher Basis durch die Bürgerstiftung Unkel „Willy-Brandt-Forum“ getragen. Seit September 2021 ist das Unkeler Forum nach Berlin und Lübeck nun zum dritten Standort der Stiftung geworden. Zum Dienstantritt haben wir ein kurzes Interview geführt.

Heute ist Ihr erster Tag als Leiter des Willy-Brandt-Forum Unkel. Was reizt sie an der neuen Aufgabe am meisten?

Die Vermittlung von Wissenschaft im öffentlichen Raum ist für mich einer der spannendsten Aspekte meiner Arbeit. Zeitgeschichte sollte greifbar und erlebbar sein. Public History rückt diese Verbindung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit in den Mittelpunkt. Das Willy-Brandt-Forum Unkel bietet die wunderbare Gelegenheit, Demokratiegeschichte relevant zu halten und das anhand einer so bedeutenden historischen Persönlichkeit wie Willy Brandt.

Sie ziehen von Berlin ins Rheinland. Wie ist Ihr erster Eindruck von Land und Leuten?

Es heißt, dass nirgendwo in Deutschland die Menschen so offen und tolerant sind wie im Rheinland. Das kann ich nach meinem herzlichen Empfang und den ersten Begegnungen nur bestätigen. Geographisch beeindruckt mich die Lage an diesem grenzüberschreitenden Strom. Hier ist die europäische Einigung seit Jahrzehnten gelebte Realität. Umso interessierter bin ich an den Erfahrungen der Menschen hier vor Ort.

Wenn Sie an Willy Brandt denken – was fällt Ihnen als Erstes ein?

Willy Brandt ist das international erkennbare Gesicht der Demokratie in Deutschland:  Repräsentant des anderen Deutschland, das sich dem Nationalsozialismus widersetzte, transformativer Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger. Für die Wissenschaft ist er die Schlüsselfigur für das Verständnis der deutschen Geschichte mit ihren erheblichen Verwerfungen. In der musealen Praxis ist Brandts Biographie der Einstieg, um größere gesellschaftspolitische Fragen in einem historischen Kontext anzusprechen.

Welche Lehre können wir aus Brandts Wirken für aktuelle Herausforderungen ziehen?

Brandt verwies darauf, dass „jede Zeit eigene Antworten will.“ Er selbst verstand sich als Freiheitskämpfer und vertrat dies militant in Spanien, während des Bürgerkrieges, in Norwegen und später in Berlin. Gleichzeitig zeigte er sich für ernsten Dialog offen. Seine Biographie verbindet das Einstehen für Prinzipien mit der Suche nach konstruktiven Lösungen.

Wie werden Sie die nächsten Monate verbringen, und worauf freuen Sie sich besonders?

Zu allererst freue ich mich, die Unklerinnen und Unkler kennen zu lernen und natürlich auch, Besucherinnen und Besucher im Willy-Brandt-Forum Unkel willkommen zu heißen. Dafür möchte ich den Enthusiasmus der Ehrenamtlichen aufnehmen, neue Vermittlungsprogramme entwickeln und das Forum in der Region stärker vernetzen, um gemeinsam die Geschichte unserer Demokratie leichter begreifbar zu machen.

Der deutsch-amerikanische Historiker Scott Krause ist anerkannter Willy Brandt-Experte und ein vielseitiger Kurator, der bereits in verschiedenen Geschichts-Museen Ausstellungen entwickelte, wie die neue Dauerausstellung des Berliner AlliiiertenMuseums. Zuletzt hat er mit der Stiftung Berliner Mauer eine internationale Wanderausstellung zum Kalten Krieg konzipiert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Zeitgeschichte, der Geschichte der Demokratie sowie der transatlantischen Beziehungen. Scott Krause war an verschiedenen deutschen und amerikanischen Institutionen als Research Fellow tätig, darunter dem renommierten Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Im Jahr 2017 hat ihn die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung mit dem Willy-Brandt-Preis für Zeitgeschichte ausgezeichnet. Im Mai erscheint sein prämiertes Buch „Vorposten der Freiheit – Remigranten an der Macht im geteilten Berlin (1940–1972)“ im Campus Verlag. Krause hält einen Ph.D. der Geschichte von der University of North Carolina at Chapel Hill. Zuvor studierte er Geschichtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen und der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg (MA).

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